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Das Fanvideo "I Want It That Way" von den Backstreet Boys verbreitete sich als viral video über das Internet. Es wurde von zwei 'chinesischen Studenten' produziert und im Juli 2005 ins Google Video Netz gestellt, nachdem es auf einem chinesischen Portal entdeckt worden war. Wie viele seine Vorgänger lebt es jetzt auf unzähligen Computern weltweit. (siehe Beitrag Oktober 2005 auf Boing Boing)

Es wirft eine Reihe von interessanten Fragen auf, die auch im Unterricht diskutiert werden können.

1. Publikum/Rezipienten. Es stellt sich die Frage nach den verschiedenen möglichen Lesarten. Ist dieses Video ernst gemeint, oder ironisch? Die Ursache für die enorme Popularität ist wahrscheinlich eine ironische Lesart - ähnlich wie bei vielen Spike Lee Musikvideos. Aber worin besteht der Humor? Lacht man ÜBER die naive Begeisterung der chinesischen Fans, so wie man sich (im Westen) über japanische Karaoke Fans lustig macht? Oder ist das Video gedacht als Satire auf die Musik der Back Street Boys? Oder als Satire auf Musikvideos? Dann lacht man MIT den chinesischen Studenten über die (westliche)Musikindustrie. Fans der Backstreet Boys sehen das möglicherweise anders, nämlich als als eine legitime Form von Fans ihrem Fansein ehrlich und ernsthaft Ausdruck zu verschaffen.

Die Interpretation des Publikums schafft die Bedeutung des Textes, und bleibt letztlich eine Frage des (guten?) Geschmacks. Wie sehen das die SchülerInnen? Finden sie das Video komisch?

2. Institution/Produktion: Einerseits präsentiert sich das Heimvideo als das neue Punk? Virale Botschaften - subversive Botschaften, die sich unkontrolliert durchs Netz verbreiten - sind schon jedem der viel online ist untergekommen. Welche gesellschaftlichen und politischen Implikationen hat das? siehe auch Virales Marketing Fans partizipieren weltweit, indem sie als Hommage Fantexte schreiben, Comics zeichnen oder Videos produzieren. Es stellt sich die Frage nach der Eigentümerschaft. Das Lied der Backstreet Boys ist ein copyright-geschütztes global vermarktetes Produkt der Musikindustrie. Wenn man dies als ein Produkt des Kulturimperialismus, der entfremdenden Kulturindustrie versteht, ist der Copyright-Raub der Chinesen dann ihre Art, in diesem Kulturkampf zurückzuschießen? Ist so eine Produktion als Raubproduktion (Umgehung der Copyrights) oder als kreative Neuschöpfung im Sinne von Sampling, oder einfach als Fan-Kunst zu verstehen? Nicht zuletzt ist diese Frage auch relevant, weil viele Studentenproduktionen Musikvideos zu bekannten Musiktracks sind.

4. Repräsentation: In einer globalen Medienwelt - wie viel trennt oder verbindet uns mit den chinesischen Studenten? Welche Perspektive haben die Chinesen wohl auf den Westen? Aber auch umgekehrt? Man muss sich auch unangenehme Fragen stellen. Finden wir es nur komisch, weil die Darsteller chinesisch sind? Oder weil sie sich westlich kleiden? Schwingt hier ein unterschwelliger Rassismus mit? Oder im Gegenteil, ist es symptomatisch für die Verbindung oder Annäherung von Jugendlichen aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen?

5. Sprache: Verblüffend effektiv und einfach gemacht, zeigt es doch überraschende ästhetische Qualitäten: In nur einer durchgehenden Aufnahme wurde es offensichtlich mit einer Webcam aufgenommen. Mise-en-scene: 'typisches' Studentensetting, unbeteiligter Computernutzer im Hintergrund, der möglicherweise einen Film (ein anderes Musikvideo?) anschaut (Fans manche Fans im Internet sprechen davon, dass hier im Hintergrund ein bekanntes Computerspiel gespielt wird). Auffallend sind die Symmetrie der Darsteller, deren Kleidung bzw. 'Kostümierung' und Farbabstimmung. Mimik. Die Choreographie und das Synchronsingen, wurden offensichtlich geübt, als ironischer, subversiver oder naiver Gegentext zum Soundtrack.

Video Two Chinese Students

Fallbeispiel "Two Chinese Students"

Das Fanvideo "I Want It That Way" von den Backstreet Boys wurde durch die Verbreitung via Google Video populär. Die beiden chinesischen Studenten wurden durch ihre lippensynchrone Performance, die sie mit einer Webcam in ihrem Zimmer im Studentenheim aufnahmen, berühmt. Sie galten fortan als die 'Back Dorm Boys'; und es findet sich sogar ein Eintrag über sie in wikipedia.

Virales Video

Der Begriff Viral Video bezieht sich auf ein Internet-Phänomen, welches durch Verbreitung via Internet-Netzwerke, emails, Weblos und Foren weite Verbreitung findet. Virale Videos sind often humorvoll, und reichen von aus dem Fernsehen aufgenommenen Kabarett-Szenen bis zu Amateur-Videoclips. Das Viral Video Phänomen vollzieht sich größtenteils unstrukturiert; größere Organisationen, die versuchen via Viral Video Marketingkampagnen durchzuführen erzielen oft gemischte Resultate.

Die Verbreitung von Handykameras, Camcordern und Webcams, die Verfügbarkeit von billigen Schnittprogrammen ermöglicht es vielen Menschen Videos zu produzieren und mit Freunden und Verwandten auszutauschen. Services wie YouTube, Google Video und andere machen es möglich Videos kostenlos im Internet einzustellen und für ein potentiell unbegrenztes Publikum zu veröffentlichen. Manche Firmen produzieren Videos, die absichtlich des Stil von Amateurvideos imitieren.

Virales Marketing

Viral Marketing oder manchmal Virus-Marketing ist eine Marketingform, die existierende soziale Netzwerke ausnutzt, um Aufmerksamkeit auf Marken, Produkte oder Kampagnen zu lenken, indem Nachrichten sich epidemisch ausbreiten. Die Verbreitung der Nachrichten basiert damit letztlich auf Mundpropaganda und nutzt bestehende Internet- Netzwerke, durch die in kurzer Zeit eine große Anzahl von Menschen erreicht werden kann.

Viral Marketing Kampagnen werden manchmal mit verdeckten Internetkampagnen in Verbindung gebracht, die via email, Weblogs und Foren verbreitet werden um ein neues Produkt oder Service unter die Leute zu bringen. Oft geht es in einer Viruskampagne darum als ungewöhnliche, bizarre oder humorvolle Nachrichten in den "alten" Medien Niederschlag zu finden, Berichterstattung, die viel mehr Geld wert ist, als ein normales Werbebudget. Virales Marketing ist nicht so lästig wie SPAM, da es die Nutzer selbst dazu bringt, eine Werbebotschaft, Produkt oder Service an Freunde weiterzuempfehlen.