In Anlehnung an Buckingham (2007), Burn & Durran (2007) und Newman & Oram et.al (2006) folgt hier eine Reihe von Vorschlägen zu Themen und Fragen für die schulische Auseinandersetzung mit Computer- und Videospielen auf der Basis der dargestellten Schlüsselkonzepte. Dabei ist es nicht notwendig, alle Antworten bereit zu haben, sondern die Schülerinnen als „Experten“ ihrer Freizeitkultur heranzuziehen, und gemeinsam mit ihnen als „Medienforscher“ Spiele und Spielkulturen zu recherchieren.

Darstellung/Inszenierung

• Wie ist das Verhältnis der Spiele zur Realität, z.B. in der Verwendung von Grafik, Ton und Sprache?
• Wie sind die Figuren dargestellt, wie lassen sie sich manipulieren?
• Wie werden bestimmte soziale Gruppen dargestellt, z.B. in Bezug auf Ethnizität oder Geschlechterrolle?
• Die Spielwelt und ihre Beziehung zur echten Welt (z.B. in Bezug auf Geschichte, Geographie, Physik)

Sprache/Gestaltung
• Die „Grammatik des Spiels“: Die Funktion der Sprache (Sprechton, geschriebener Text), von Standbildern und bewegten Bildern, Toneffekten und Musik
• Die Genres: Konventionen zeichnen bestimme Genres von Spielen aus? Welche Arten von Aktivitäten sind möglich?
• Die Erzählstruktur: Wie wird in verschiedenen Spielen Zeit und Raum dargestellt; welche Art von Narrativ wird dadurch erzeugt?
• Erzählperspektive: Wie wird der Spieler positioniert? In der ersten Person? In der dritten Person?
• Ludische Dimension: Die Spieldimension – Regeln, Ökonomie, Ziele, Hindernisse, etc.


Institution/Produzent
• Die Autorenschaft: erkennbare Stile von Spielentwicklern und Designern
• Die Technologie, die Software, die Entwicklungspraktiken in der Computerspielindustrie
• Die kommerziellen Strukturen der Spielindustrie (Entwicklung, Produktion, Vermarktung, Crossmediastrategien)
• Die Rolle der Globalisierung
• Crossmedia, Transmedia: die Beziehung zwischen Spielen und anderen Medieninhalten, die Funktion von Lizenzen und Franchising

Publikum/Nutzer/Rezipient
• Die Spielerfahrung: das Vergnügen beim Spiel im Verhältnis zur Spielstruktur und den Spielregeln, Kampf und Wettbewerb
• Die soziale Dimensionen des Spiels: welchen Platz nimmt es im Alltag ein, auch für Kinder unterschiedlicher sozialer Gruppierungen (z.B. Altersgruppe oder Geschlecht)
• Die Rolle der Werbung, von Zeitschriften, des Internets (Information, Kritik, Beurteilung, Empfehlung): die geweckten Erwartungen, die kritischen Diskurse, die rund um Spiele entstehen
• Öffentliche Diskurse über die „Effekte“ von Spielen, Gewaltspiele
• Fankulturen, die Rolle von Fanwebseiten, Fankunst, Modding, machinima usw.

Praktische Medienprojekte
Es ist heute relativ einfach und billig, mit Hilfe von Computer, digitalen Kameras und Videokameras selbst Medientexte, z.B. Videoprojekte und Webseiten zu erstellen, um kritisch-analytisches Textverständnis zu vertiefen und praktisch-kreative Kompetenzen zu entwickeln, und immer mehr Schulen führen Medienprojekte durch. Versuche, eigene Computerspiele mit Kindern zu entwickeln, erwies sich als sehr aufwendig, komplex und teilweise problematisch und fand bislang kaum Eingang in die Schulen.

Es gibt hier jedoch Neuentwicklungen, und es soll an dieser Stelle auf das Softwareprodukt
MissionMaker hingewiesen werden, welches in GB von der Softwarefirma Immersive Education in dreijähriger Zusammenarbeit mit dem Institute of Education, University of London speziell für den Einsatz im Unterricht entwickelt wurde. Diese 3D games authoring platform ermöglicht es SchülerInnen, ohne Prog-rammierkenntnisse ihre eigenen Videospiele zu basteln und zu spielen. In Burn und Durrans „Media Literacy in Schools“ findet sich ein Kapitel mit der Projekt-beschreibung und eine beigelegte CD-ROM mit Aufgaben und Beispielen von Schülerarbeiten zu einem Projekt mit MissionMaker. Die Softwarelizenz für eine Schule ist leider nicht ganz billig. Kostenlos ist allerdings das umfangreiche Computer Games Teacher Support Pack, welches viele Anregungen, Tipps und Arbeitsblätter für die Unterrichtsarbeit mit Spielen beinhaltet, die unabhängig vom Einsatz der Software nützlich sein können.

Simulation einer Produktion
An Stelle dessen oder darüber hinaus (und prinzipiell ohne Einsatz von Computern) ist ein Simulationsprojekt durchführbar: Die SchülerInnen entwickeln dabei ein Konzept und eine Marketingstrategie für ein Computerspiel. Eine mögliche Vorgabe könnte sein, das das Spielszenario, wie in der Medienindustrie häufig, als Crossmedia-Transfer auf der Basis einer bereits existierenden Inhaltes entwickelt wird. Man könnte auch eine bestimmte Zielgruppe für das geplante Spiel vorgeben. Die SchülerInnen recherchieren Produktionsprozesse in der Spielindustrie (Institution/Produzent), entwerfen das Konzept für die Erzählstruktur, Grafik, interaktive Funktionen, Tondesign (Sprache/Gestaltung). Sie stellen Überlegungen zum Genre, zur Ikonographie (Darstellung), insbesondere aber auch zu Zielgruppe und Vermarktung an (Publikum/Nutzer/Rezipient). Hauptaufgaben könnte sein, die Verpackung, ein Werbeplakat, eine Werbeanzeige, eine Verkaufspräsentation zu dem Produkt zu gestalten. Teile des
Computer Games Teacher Support Pack lassen sich bei der Planung der Unterrichtseinheiten auch hier einsetzen.

Computer- und Videospiele

Die weite Verbreitung von Computerspielen in der Alltagskultur von Kindern wie Erwachsenen, das rege Interesse der Kinder und Jugendlichen an und ihr Vorwissen über die Spielkulturen rechtfertigt, diese zum Gegenstand von Medienbildung im Unterricht zu machen. Die Grundkonzepte dienen auch als Basis für eine analytisch-kritische und kreativ-praktische Auseinandersetzung mit Computer- und Videospielen als Kulturgut, mit dem Spiel als soziokulturelle Praxis. Die Beschäftigung mit diesen soll zu einem differenzierteren Verständnis führen.




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