Publikum/Rezipienten
Die Medien können ohne Publikum nicht existieren. Sie stehen im Wettbewerb um die Gunst, die Aufmerksamkeit und das Interesse des Publikums. Ein Publikum zu finden und beizubehalten ist nicht leicht. Medienproduzenten glauben vielleicht zu wissen, was verschiedene Personengruppen wollen und was nicht, aber es ist oft schwer zu erklären, warum mache Sachen sehr erfolgreich und populär werden und manche nicht. Die Menschen nutzen, interpretieren und reagieren auf Medientexte auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Ein bestimmter Medientext bedeutet für den einen etwas anderes als für jemand anderen. Unserer eigene Mediennutzung und die der anderen zu verstehen, ist daher ein wichtiger Aspekt der Medienbildung.
Verschiedene Personen
verstehen dieselbe Medienbotschaft auf unterschiedliche
Art und Weise. Das Publikum spielt eine Rolle in der
Interpretation der Medientexte, denn jedes Mitglied des
Publikums trägt seine individuellen Lebenserfahrungen
(Alter, Erziehung, Geschlecht, kultureller Hintergrund)
an den Text heran, die in Bezug auf den Text
unterschiedliche Interpretationen schaffen. Wenn ein
Kriegsveteran des Zweiten Weltkrieges im Kino
Saving
Private Ryan sieht, bringt er andere
Erfahrungen mit als andere Publikumsmitglieder. Das
mündet in einer anderen Reaktion auf den Film, und auch
vielleicht ein anderes oder tieferes Verständnis.
Sogar Eltern und Kinder, die gemeinsam fernsehen,
„sehen“ nicht dasselbe Programm. Daher kann
die Vorstellung von dem Fernsehzuschauer als willenlosen
und passiven Konsumenten nicht stimmen. Wir mögen uns
dessen nicht bewusst sein, aber jeder, auch Kleinkinder,
versuchen kontinuierlich die Bedeutung dessen
„zusammenzureimen“, was wir sehen, hören und
lesen. Je mehr Fragen wir darüber stellen können, was um
uns geschieht, desto bewusster können wir
Medienbotschaften annehmen oder ablehnen. Die Forschung
zeigt, dass Kinder aller Altersgruppen die altersadäquate
Fertigkeiten erlernen können, die ihnen eine neue
Perspektive verschaffen, die Medienkultur, die sie umgibt
zu „lesen“ und interpretieren.
Was wir höchstwahrscheinlich entdecken, wenn wir die
Medien „hinterfragen“ wollen, ist, dass wir
unser eigenes Verständnis von und unserer Position in
Bezug auf die Strukturen von Macht und Unterordnung in
unseren Gesellschaften entwickeln müssen. Das bedeutet,
den Mut zu haben, unsere Identitäten, politisch und
philosophisch gesehen zu befragen. ... Wie wir das
Verhältnis von Macht und Unterordnung verstehen, wird
einen Einfluss darauf haben, wie wir uns konzeptionell
der Erforschung des Publikums annähern.
Robert
Ferguson, The Media in Question, 2004
Lesen Sie weiter:
Schlüsselfragen und Beispiele
Übersetzt und adaptiert nach: Buckingham, David (2003) Questioning the Media: A Guide for Students. UNESCO
Center for Media Literacy (2003) Literacy for the 21st Century. Orientation & Overview. www.medialit.org