Medienbiographie

Die Reflexion über die eigenen Kindheitserfahrungen mit Medien regt zum Nachdenken über die Rolle, die Medien im Leben von Kindern und letztlich auch Erwachsenen spielen, an. Überlegungen zur persönlichen Medienbiographie sind eine gute Übung zum Einstieg zu Fragen der Medienbildung.


„Die meisten Leser sind wahrscheinlich mit einer oder anderer Form der Medien aufgewachsen, oder erinnern sich an die Ankunft eines „neuen" Mediums (wie das Fernsehen oder Video) an einem bestimmten Punkt der persönlichen Biographie.

Versuchen Sie, sich an Ihre ersten Erinnerungen bezüglich Fernsehen und Kino zu erinnern.

1. An welche Programme oder Filme erinnern Sie sich? An welche Aspekte erinnern Sie sich speziell? Gab es Lieblingscharaktere und Stars, oder besondere Titellieder, Slogans oder Sprüche? Erinnern Sie sich daran, Dinge gesehen zu haben, die sie wirklich erschreckt, geschockt, oder verstört haben?

2. Gab es besondere Rituale, die mit dem Fernsehen, oder mit Kinobesuchen in Verbindung standen? Gab es zum Beispiel Lieblingszeiten, oder besondere Personen, die damit verbunden waren? Wurden andere Dinge gleichzeitig gemacht, wie zum Beispiel essen?

3. Haben Ihre Eltern je versucht, ihren Zugang zu bestimmten Medien einzuschränken oder Sie dazu zu bringen, bestimmte Dinge anzusehen oder zu lesen? Galten diese Regeln für alle Familienmitglieder? Erinnern Sie sich daran, als sie zum ersten mal ein „verbotenes“ Programm oder Film sahen?

4. Erinnern Sie sich daran, in Folge von Medien, seien es Fernsehen, Kino oder andere Medien, je etwas Bestimmtes gemacht zu haben – zum Beispiel etwas gebastelt oder gekauft zu haben, ein bestimmtes Spiel gespielt, Buch gelesen zu haben, eine Figur nachgemacht, oder sich wie diese gekleidet zu haben?

5. Letztlich, überlegen Sie, wie sehr Sie als typischer oder repräsentativer Vertreter einer sozialen Gruppe gelten könnten – zum Beispiel in Hinblick auf Geschlecht, soziale Klasse, Ort oder Gemeinschaft, in der Sie leben, als Vertreter ihrer Generation.
(...)

Man kann sich dabei ruhig eine etwas sentimentale oder ironische Nostalgie erlauben, zugleich sollte eine solche Medienbiographie auch breitere Themen anreißen. Erfahrungsgemäß zeigen sich meist die folgenden drei Punkte:

1. Unserer Medienerfahrungen sind oft untrennbar mit Alltagserfahrungen verbunden – die Rituale und Beziehungen, die Mediennutzung umgeben und definieren. Wir erinnern uns nicht nur an Fernsehprogramme, zum Beispiel, wir erinnern uns auch daran, mit wem wir diese gesehen haben, wann und wo wir sie gesehen haben, und die Bedeutung, die dies für uns hatte.

2. Die Medien tragen zur Definition dessen bei, was als kindisch oder kindlich oder erwachsen gilt. Und das wird verstärkt durch die Art und Weise, in der Eltern die Mediennutzung ihrer Kinder bestimmen. Die meisten von uns können sich wahrscheinlich daran erinnern, dass man sich als Kind danach sehnte, bestimmte Programme zu sehen, auch wenn man sie noch nicht wirklich verstand oder „verbotene“ Filme sehen zu wollen, die einen Zugang zur Erwachsenenwelt versprachen.

3. Mediennutzung ist untrennbar mit Identitätsbildung verknüpft. Auch wenn nur temporär oder oberflächlich, verschaffen die Medien uns Zugang zu neuen Identitäten, oder Fantasieidentitäten. Wir nutzen sie als „symbolische Ressourcen“ durch welche, oder gegen welche, wir definieren, wer wir sind.

Sie könnten darüber nachdenken, ob diese Verallgemeinerungen auch auf Ihre Kindheitserinnerungen in Bezug auf Medien zutreffen. Und in welchem Ausmaß treffen diese nicht nur auf Kinder, sondern auch auf Erwachsene und deren Beziehung zu Medien zu?“

Übersetzt aus: David Buckingham (2003) Multimedia Childhoods. In: Children´s Cultural Worlds herausgegeben von M.J. Kehily und J. Swann. Milton Keynes: Open University Press
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